Seit etwas mehr als einem Jahr ist Maike Schöfer die neue Pfarrer in unserer Gemeinde. Wir haben dieses Jubiläum zum Anlass genommen, um ihr ein paar Fragen zu ihrer Arbeit in unserer Gemeinde zu stellen. Sie hat uns aber auch sehr persönliche Fragen beantwortet. Wir bedanken uns bei Pfarrerin Schöfer für das Interview und wünschen ihr alles Gute und Gottes Segen. Das Interview hat für die Redaktion unserer Gemeindewebseite A. Wiegand geführt.


Persönliches

Maike Schöfer
geboren am 28.06.1989 in Seeheim-Jugenheim
aufgewachsen in Emsbüren und Bremen
verheiratet, 1 Kind

Lieblingsbücher
aus der Bibel: die Psalmen, 1. Buch Mose und das Johannesevangelium
Belletristik: Bücher von Mariana Leky

Lieblingslied
kirchlich: Selig seid ihr, Behüte mich Gott, Du Licht des Morgens,…
weltlich: Das sind zu viele. Ich mag Sinead O’Connor, Girl in Red, Beyoncé.

Person der Theologie, die mich am stärksten beeinflusst: Dorothee Sölle, Kerstin Söderblom, Kurt Marti

Interessenschwerpunkt in der Gemeindearbeit: interreligiöser Dialog, queere Theologie, Arbeit mit Familien und Kindern

Hobbys: Linoldruck


Wie fühlst du dich nach einem Jahr in Adlershof?
Ich fühle mich wohl und mir ist der Kiez schon richtig ans Herz gewachsen.

Was habt ihr Schönes für euch als Familie in Adlershof entdeckt?
Wir mögen es gerne im Wald, im Gemeindegarten und beim Italienischen Restaurant an der Ecke

Was hast du vor deiner Zeit in Adlershof gemacht?
Ich war in Charlottenburg im Vikariat. Davor habe ich als Religionslehrerin in Potsdam gearbeitet.

Die ersten Tage in unserer Gemeinde, deiner neuen Arbeitsstelle, waren sicher sehr aufregend und turbulent. Du warst bereits ein paar Tage vor dem Jahreswechsel bei uns und bist kurz vor Silvester 2022/23 umgezogen. Was ist dir von diesen ersten Tagen am stärksten in Erinnerung geblieben?
Ich erinnere mich besonders an meinen ersten Gottesdienst. Heiligabend 2022, volle Kirche und die ganze Gemeinde musste bei meinem Krippenspiel mitmachen. Und das hat spitzenmäßig geklappt. Ich erinnere mich aber auch an das erste Kennenlernen im Gemeindehaus und die vielen freudigen Gesichter und warmen Worte, die mich empfangen haben.

In einem Artikel auf unserer Gemeindewebsite im Januar vergangenen Jahres hast du aus Jesaia 60, 1 den Satz „Mache dich auf und werde Licht“ zitiert und geschrieben: „Ein Satz der mich stärkt und ermutigt für diesen Neuanfang.“ Hat sich deine Hoffnung erfüllt?
Ja, der Vers hat mich bestärkt, Mut zu haben, loszulegen und einfach zu machen. Zusammen mit der ganzen Gemeinde.

Wie sieht dein Arbeitstag heute aus?
Jeder Arbeitstag sieht unterschiedlich aus, von Taufgespräch, Seelsorge, Podcast aufnehmen, über Verwaltung, Personaleinstellung, Gottesdienstvorbereitung bis hin zu Konfi-Arbeit und Religionsunterricht. Was aber fast alle Tage verbindet, ist das Arbeiten im Kirchenbüro. Ich bin gerne vor Ort und ansprechbar, im gemütlichen Kitsch-Büro mit gutem Kaffee.

Wie sieht für dich ein perfekter Tag aus?
Mein Lieblingstag ist Sonntag. Ich fahre früh morgens schon in die Kirche und bin gerne die Erste. Dann genieße ich noch die Ruhe und habe Zeit für ein Gebet, ganz allein in unserer schönen Kirche. Ich mag gerne die Familiengottesdienste, wenn es voll ist und wuselig. Wenn dann alle ins Gemeindehaus ziehen und bei Kuchen und Getränken beisammen sind und jemand auf unserem Klavier noch ein paar Lieder anstimmt, dann ist das schon ein wunderbarer Sonntag.

Deine Mama ist sehr aktiv in unserer Gemeinde tätig. Viele werden sie kennen und wissen, wie sie unsere Gemeindearbeit unterstützt, z. B. bei Veranstaltungen in unserer Kirche oder dem Bratwürste-Grillen auf unserem Gemeindefest. Wann hat sie von deinem Berufswunsch erfahren? Wie reagierten deine Eltern darauf?
Es war zu Beginn sicher ungewohnt für meine Eltern, dass ihre Tochter plötzlich Pfarrerin werden wollte. Doch schnell haben sie mich unterstützt, wo sie konnten. Bis heute. Und das ist schon ein großes Geschenk. Ich bin sehr dankbar für all die Hilfe.

Ich glaube, dass du sehr viel Kraft und Zeit in deine Arbeit investierst. Wie schaffst du das alles? Was gibt dir bei deiner Arbeit Kraft?
Gott, Gebet und Leidenschaft. Und Schokolade!

Du hast mal erzählt, wenn du den ganzen Tag nur geredet oder geschrieben hast, musst du erstmal etwas mit den Händen tun. Wie erholst du dich nach einem anstrengenden Arbeitstag?
Ich höre dann gerne Podcasts oder Musik, treffe Freund*innen oder baue mit meinem Sohn abgespacte Lego-Welten.

Stichwort Ökumene: Welche Kontakte zu anderen Religionsgemeinschaften gibt es?
In unserem Kiez sind wir mit Christ*innen anderer Konfessionen gut vernetzt. Zusammen feiern wir St. Martin, veranstalten gemeinsam die ökum. Bibelwochen und schmücken unsere ökum. Pforte. Im letzten Jahr fand sogar erstmals die Woche der Religionen bei uns statt. Mit Menschen verschiedenster Religionen haben wir eine Woche gemeinsam auf unserem Kirchengelände verbracht: mit Podiumsdiskussion, Gottesdienst, Kochabend, Yoga, Meditation, Kinderprogramm und Blumenworkshop. Und natürlich wird es dieses Jahr eine Wiederholung geben!

Wie wichtig ist Digitalisierung für die evangelische Kirche und unsere Gemeinde?
Dringend nötig und längst überfällig. Wir leben in einer digitalisierten Welt. Wenn Jesus spricht: “Geht hin in alle Welt” dann würde er heute sicher auch damit das Internet meinen. Also, auf gehts!

Wie sieht für dich eine moderne, in die Zukunft gewandte Kirche aus?
Eine bunte, offene Kirche mit Platz und Raum für alle Menschen – trotzdem kritisch, politisch, aktivistisch und lebensfroh – zum Wohlfühlen und Herausgefordert werden, mit Ruhe und Trubel, mit Regenbogen und Tradition, mit Gebet und Gemeinschaft.

Du hast viel Neues begonnen in unserer Gemeinde, z. B. regelmäßige Familiengottesdienste, queere Andachten, Wassertaufen, Veränderungen in den Räumen unserer Gemeinde, im Kirchengebäude selbst. Wie war die Resonanz darauf in unserer Gemeinde?
Alles Neue kann nur beginnen und wachsen, wenn es auch eine Gemeinschaft gibt, die den Mut hat, das auszuprobieren und zu tragen. Und so erlebe ich unsere Gemeinde. Trotz unterschiedlicher Geschmäcker oder Meinungen zu einzelnen Veranstaltungen oder Raumveränderungen. Unsere Gemeinde lässt Raum für Neues neben dem Bewährten, lässt Raum für Neues neben den Verbundenen. Das schätze ich sehr!

Seit fast einem Jahr finden regelmäßig queere Andachten in unserer Kirche statt. Wie wichtig ist dir dieses Thema?
Queere Menschen wurden und werden nicht nur in unserer Gesellschaft abgewertet und diskriminiert, sondern auch in Kirche. Mir ist es wichtig, einen kirchlichen Ort zu schaffen, den queere Menschen selber gestalten können. Es geht um Aufklärung, Bildung, Empowerment und spirituelle Verbundenheit. (Siehe auch Adlershofer Gemeindeanzeiger Juni/Juli 2023, Seite 6)

Was waren für dich in unserer Gemeinde die bisher schönsten Begegnungen?
Ich habe schon viele Goldmomente erlebt und gesammelt:Taufe im Strandbad, Familiengottesdienst mit Konfetti, Glitzersegen und Kostümen, Himmelfahrt mit Posaunenchor “unterwegs”, Jubelkonfirmation, Krippenspiel zu Weihnachten, viele Begegnungen mit Menschen, dann Waschbären und Füchse und eine Hüpfburg in unserem Gemeindegarten, Wittenberg-Reise mit unseren Konfirmand*innen, gemeinsames Kochen im Gemeindehaus und so so viel mehr. Ich bin dankbar für all das Lachen, Leuchten und bunte, volle Leben im ersten Jahr.

Stell dir vor, du bist in 5 Jahren auf dem Weg in dein Büro. Du erinnerst dich, wie alles für dich in der Kirchengemeinde Berlin-Adlershof begann und was alles geschah. Worüber würdest du dich freuen?
Über all die schönen Erinnerungen in meinem Herzen und die, die noch kommen.

Welche Schwerpunkte möchtest du in diesem Jahr setzen?
Öffentlichkeitsarbeit, Familiengottesdienste, Ökumene, Sanierung von Kirche und Pfarrhaus, Arbeit mit Jugendlichen – ich freu mich drauf!